© Gaby Gerster
35 Jahre nach dem Fall der Mauer: Was ist aus dem Glücksfall von 1989 geworden? Woher kommt all der Zorn? Woher kommen die falschen Bilder? Ines Geipel geht zurück zu dem Zeitriss, geht hinein in die Umbrüche nach dem Ende der deutschen Teilung. Hartnäckig hinterfragt sie die politisch entzündlichen Geschichten, die im Land erzählt werden.
Die Träume und Verheißungen von 1989 sind zerschellt an den Klippen eines Erinnerungsgebarens, das Verklärung und Verdrängung vor Ehrlichkeit und Einsicht gestellt hat. Diese These entfaltet Ines Geipel in „Fabelland“, einer Mischung aus Fallgeschichten, persönlicher Erinnerung und politischem Essay, die durch präzise Analyse und sprachliche Subtilität besticht. Der illusionslose Blick auf das marode System der DDR und dessen postume Beschönigung bedeutet jedoch keine weitere Abrechnung, sondern ist von Empathie und Trauer getragen. Zugleich wird in der poetischen Sprache Geipels ein Möglichkeitsdenken sichtbar, das die Hoffnung auf Ausgleich und Versöhnung nicht preisgibt. Ein erstaunliches Buch, das die verfahrenen Diskussionen um Ost und West neu beleben kann.
Ines Geipel, geboren 1960, ist Schriftstellerin und Professorin für Verskunst an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. 1989 floh sie nach ihrem Germanistik-Studium von Jena aus nach Darmstadt und studierte dort Philosophie und Soziologie. Das zentrale Thema ihrer Arbeit als Autorin und Herausgeberin ist die deutsche Gewaltgeschichte sowohl des Nationalsozialismus als auch der DDR-Diktatur. 2011 erhielt Ines Geipel das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2020 den Lessingpreis für Kritik, 2021 den Marieluise-Fleißer-Preis und 2023 den Erich-Loest-Preis, 2024 wurde sie für den Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse nominiert.
„Sofort, unverzüglich. Am Anfang war das Glück. Ruhig, selbstverständlich, auf seltsame Art bei sich. Etwas, von dem ich den Eindruck hatte, es war selbst ganz froh, endlich da zu sein. Das kleine Wort endlich. Still, andächtig, das nicht recht zu den späteren Euphorie-Bildern des Tages passen wollte. Es war wirklich der Anfang, denke ich. Die Abendschicht, die Gäste in der Darmstädter Weinstube, die gusseisernen Pfannen, die Schweinelenden in dicker Senfsoße, auf einmal die Hektik. Aber wieso Anfang? Am Ende meiner Ost-Zeit war das Glück. Ein Glück an und für sich.“
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