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Manche Bücher liest man und legt sie dann weg. Andere bleiben hängen, nicht nur wegen ihrer Inhalte, sondern weil sie einen innerlich aufrütteln. Genau so ging es mir mit dem Buch "Kinder Minderheit ohne Schutz" von Aladin El Mafaalani, Sebastian Kurtenbach und Klaus Peter Strohmeier.
Schon auf den ersten Seiten wird deutlich, worum es hier geht. Um Kinder, die in einer Gesellschaft aufwachsen, die ihnen wenig Raum lässt. Um eine Gegenwart, in der politisches Handeln zunehmend auf die Bedürfnisse der älteren Generation zugeschnitten ist, während Kinder oft einfach mitlaufen müssen. Dabei sind sie es, die am wenigsten Einfluss haben, aber am meisten betroffen sind.
Was mich besonders beeindruckt hat, war die Klarheit, mit der die Autoren den Zustand unserer Bildungslandschaft beschreiben. Es geht nicht nur um fehlende Kita-Plätze oder überforderte Lehrkräfte. Es geht um Strukturen, die Kinder zu kleinen Erwachsenen machen wollen, bevor sie überhaupt Kind sein dürfen. In vielen Bildungseinrichtungen steht Leistung im Vordergrund, nicht das Wohl der Kinder. Und selbst dort, wo gut gearbeitet wird, fehlt es oft an Zusammenarbeit zwischen den Institutionen. Kindergarten, Schule und Familie agieren häufig nebeneinander statt miteinander.
Ein Gedanke, der sich für mich durch das ganze Buch zieht, ist der der Ungleichheit. Die Autoren sprechen von Superdiversität, also der Tatsache, dass Kinder aus sehr unterschiedlichen sozialen, kulturellen und ökonomischen Verhältnissen kommen. Diese Unterschiede führen dazu, dass Kindheiten in Deutschland immer weniger miteinander vergleichbar sind. Während einige Kinder in stabilen, gut versorgten Lebenswelten aufwachsen, fehlt es anderen an allem. Besonders beunruhigend fand ich die Beschreibung einer Gesellschaft, in der diese Unterschiede nicht nur hingenommen, sondern durch das System sogar noch verstärkt werden.
Trotzdem bleibt für mich unterm Strich ein sehr starkes Buch und jetzt schon mein persönlicher Gewinner für den Sachbuchpreis 2025, das wichtige Fragen stellt. Wie gehen wir mit der Generation um, die unsere Zukunft gestalten soll. Wie gerecht ist eine Gesellschaft, die Kinder als nachrangig behandelt. Und was sind wir bereit zu verändern, damit sich das ändert.
Kinder Minderheit ohne Schutz ist unbequem, klar und notwendig. Es gehört zu den Büchern, die man nicht einfach liest, sondern mitnimmt. Ich empfehle es allen, die nicht nur mitreden wollen, sondern bereit sind, hinzusehen.
Der Originalbeitrag ist auf Nidda Tariqs Instagramkanal nachzulesen.
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