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#sachbuchpreisbloggen „Die vulnerable Gesellschaft“ von Frauke Rostalski


#sachbuchpreisbloggen „Die vulnerable Gesellschaft“ von Frauke Rostalski

Marlene Münßinger, ohwieschoenistbuchgerede

„Diese spezifische Sensibilität stellt ein ernstzunehmendes Problem für eine freiheitliche Demokratie dar. Diskursvulnerabilität beeinträchtigt die Grundkompetenz des Bürgers zur Teilhabe am öffentlichen Aushandlungsprozess als Herzstück der Demokratie. Freilich ist es in den Grenzen der Verfassung nicht ausgeschlossen, neue Sprechregeln zum Schutz vor Verletzung durch Kommunikation zu erlassen. Gleichwohl besteht insoweit Anlass zu besonderer Vorsicht - zum Schutz des freien Diskurses vor allzu weitgehenden Begrenzungen, die die Qualität seiner Ergebnisse erheblich negativ beeinflussen können. […] Wachsende Diskursvulnerabilität und erst recht deren gesetzliche Umsetzung laufen Gefahr, die Demokratie empfindlich zu treffen.“

Die Gesellschaft werde laut Frauke Rostalski vulnerabler und verletzlicher, besonders im Diskurs. Diese Vulnerabilität und neue Verletzlichkeit sei eine Herausforderung für die individuelle Freiheit jedes:jeder Einzelnen, da sich Bürger:innen durch sie immer mehr auf den Staat stützen und somit eigene Handelsmacht abgeben würden. Dies habe bisher schon zu einigen Freiheitseinschränkungen im Recht geführt. Dieses Buch ist der Versuch, für ein offenes Gespräch zu plädieren: Wieviel Vulnerabilität möchten wir uns auf Kosten der Freiheit zugestehen?

Hier ist nun also auch mein Patenbuch vom Deutschen Sachbuchpreis. Während des Lesens hatte ich das große Bedürfnis, eine ausführliche Rezension zu schreiben, aber das würde definitiv den (auch zeitlichen) Rahmen dieses Posts sprengen. Nun also vor allem so viel:

Ich stimme in einem Punkt mit Rostalski überein, wir brauchen in der aktuellen politischen Situation weiterhin Diskurse. Sie müssen in jedem Fall geführt werden. Rostalski vertritt die These, dass "wenn der Staat mit seinen Mitteln dafür sorgt, Vulnerable zu schützen, Freiheit auf allen Seiten verloren geht - nicht bloß bei denjenigen, die zu den jeweils 'Stärkeren' gehören." Das sei mal so dahin gestellt. In der gesamten Argumentation fehlt mir allerdings das aktive Mitdenken der über Jahrhunderte gewachsenen Machstrukturen, die unsere Gesellschaft durchziehen. Das Phänomen, das Rostalski als "neue Verletzlichkeit" oder "Vulnerabilität" beschreibt, ist in meinen Augen Teil des Kampfes von Personen insbesondere marginalisierter Gruppen gegen die Dominanzgesellschaft, die bisher über Recht und Staat bestimmt hat und immer noch gezielt Personengruppen unterdrückt. Es ist nach wie vor in unserer Gesellschaft möglich, in Diskursen die eigene Meinung zu sagen. Greift diese Meinung Menschenrechte und die Existenz von Personen an, kommt heutzutage Gegenwehr und das ist meiner Meinung nach nicht nur gut, sondern auch mehr als notwendig. In meinen Augen sollte demnach Vulnerabilität nicht nur als Freiheitseinschränkung betrachtet werden, sondern als Chance für unsere Demokratie.

Sehr enttäuscht lässt mich das Buch zurück. Mein Hauptgedanke ist letztlich: Check your privileges before you write a book.

Der Originalbeitrag ist auf Marlene Münßingers Instagramkanal nachzulesen.


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