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Victor Hugo lebte von 1802 bis 1885 und hat somit fast ein Jahrhundert erlebt. Ein Jahrhundert, das voller Geschichte, Umbrüchen und Revolutionen war. Eine wandelbare Zeit, die ihn und sein Werke prägte. Sein Leben war öffentlich und es vermischen sich Privates und Politisches mit seiner Kunst und wird Fiktion. Mit dreißig Jahren hatte er bereits Bücher veröffentlicht, die Bühne bespielt und an seinem Weltruhm gearbeitet. Sein Werdegang ist beeinflusst durch die Geschichte Frankreichs, sein Exil und der Idee von Europa. Walburga Hülk hat mit ihrer Biographie alles sehr lebendig werden lassen. Sie zeigt ihn als bürgerlichen und öffentlichen Menschen, dessen Ideen und Werke eine aktuelle Bedeutung haben.
Ich bin in diesem Jahr als Leseschatz eingeladen worden, den Deutschen Sachbuchpreis als Blogger zu begleiten und einen der nominierten Titel in meinen Medien sichtbarer zu machen. Der Titel, der mir zugewiesen wurde, ist „Victor Hugo – Jahrhundertmensch“ von Walburga Hülk. Wie Hugo selbst und seine Werke ist diese Biographie ein wunderbarer Koloss. Ein Buch, das die Zeit, die Ereignisse, den Menschen und sein in die Gegenwart strahlendes Schaffen tiefgründig beleuchtet. Die faszinierende Aktualität wird mit kleinen Fingerzeigen stets aufs Unterhaltsamste angedeutet. Victor Hugo war Verfechter der Menschlichkeit, der Gerechtigkeit und setzte sich gegen die Sklaverei, die Todesstrafe und für das Urheberrecht und die Pressefreiheit ein. Er war Romantiker und Realist. Ein Visionär und ein Künstler, der stets Frankreich, aber auch ganz Europa einbezog. Er wollte eine freiheitliche und menschliche Einheit. Nicht ohne Grund zählt er zu den bedeutendsten Schriftstellern des 19. Jahrhunderts.
Anschaulich und mit enorm viel Sachverstand vertieft sich Walburga Hülk in das Jahrhundert, um in dessen Betrachtungszentrum Victor Hugo zu setzen. Sie erzählt vom Mythos, vom Schicksal und von seiner Begabung für die Inszenierung. Seine Werke umfassen Lyrik, Bühnenwerke, Romane und unzählige Schriften. Hugo hat alles schriftlich fixiert. Alles war für ihn von Bedeutung und alles hätte spätere Verwendung finden können. Durch diesen Wust hat sich die Professorin für Romanische Literaturwissenschaften gewühlt. Sie schmückt das Leben mit seinen Ideen und Werken und alles bekommt Raum und Inhalt. Sofern noch nicht bekannt, werden die bedeutendsten Werke umfangreich vorgestellt und in den biographischen und historischen Kontext gestellt. Als Höhepunkt ist es sein Hauptwerk „Les Misérables – Die Elenden“. Hier zeigt sich sein umfangreiches Können. Ein Roman, der jene Menschen darstellt, die Weltbewegendes erleben und erschaffen. Dies hat sich aber bereits im Werk „Notre-Dame de Paris. 1482“ gezeigt. Der deutsche Titel setzt mit dem Glöckner lediglich einen Schwerpunkt der ganzen spätmittelalterlichen Betrachtung. Die Kathedrale als Mittelpunkt. Aber immer wieder sind es die Menschenmassen, die als Motor der Ereignisse funktionieren. Einfache Leute im Kampf des Lebens. Dante erschuf die untere Hölle, Hugo versuchte die Hölle oben zu zeigen. Die Revolution als Inhalt und als Beweggrund. Paris ist sein liebster Schauplatz des Geschehens und die Spaltung der Gesellschaft treibt ihn an. Eine Spaltung durch Krieg, Revolutionen, Seuchen, Armut und Ungerechtigkeit. Hugo wollte lange leben, doch musste er sich mit 83 Jahren begnügen. Er nannte sich Ozeanmensch und hatte eine literarische und humanistische Vision. Sein Leben stand mit dem künstlerischen Werk stark in Verbindung. Wohin im 19. Jahrhundert geschaut wird, blickt uns Victor Hugo an. Dieser Blick erfasst uns noch heute. Denken wir an die furchtbaren Brände von Notre-Dame, dachten wir nicht alle sofort an das Werk von Hugo? Er erlebte, um nur einiges zu nennen, Napoleon, die Julirevolution, die Revolution 1848, die zweite Republik, den Staatsstreich, das erneute Kaiserreich und den Deutsch-Französischen Krieg. Er ging für fast zwei Jahrzehnte ins Exil und schrieb in dieser Zeit sein Mammutwerk, das ihn bis heute unsterblich macht. Hugo ist reizvoll und übt trotz seiner Inszenierungen und Vermischungen der Realität mit seiner Fiktion eine Faszination aus, die erkennen lässt, wie wichtig es sein könnte, sich mit Leben und Werk von Victor Hugo zu beschäftigen. Es ist jetzt die Zeit gekommen, sich zu „hugolisieren“. Seine Ideen, Debatten und Texte waren damals aktuell und sind es bis heute. Sein Pathos, seine Liebe zum Pompösen sind nur ein Beiwerk des ganzen Kolosses. Wenn wir uns ganz genau, wie es Walburga Hülk anregt, das Ganze bis ins Kleinste ansehen, blicken wir in einen unfassbaren Kosmos aus Literatur, Abenteuer, Geschichte, Politik und immer wieder Menschlichkeit. Solange es Ungerechtigkeit gibt, wird Hugos Werk an Bedeutung behalten.
Diese Biographie ist mehr als ein Lebenslauf. Es stellt das Jahrhundert vor und greift in dessen Errungenschaften ein. Es zeigt uns die Wege, die genommen wurden. Es zeigt uns einen Menschen, der etwas zu sagen hatte, das uns immer noch berührt und bewegt. Diese Biographie begeistert und macht literarisch, gesellschaftlich und politisch unseren Werdegang verständlicher. Die Nominierung zum Deutschen Sachbuchpreis ist somit eine sehr erfreuliche Auszeichnung und lässt hoffen, dass dieses Werk noch weitere Schritte nimmt. Es ist Zeit, Hugo neu, wieder oder mit diesem Buch gänzlich zu erfassen.
Der Originalbeitrag ist auf Hauke Harders Blog nachzulesen.
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